Von Veränderungen, Werten und Widerständen: Stemmen wir auch die Klimakrise?

Pfarrerin Katharina Stähler spricht mit Menschen aus der Region, die etwas zu sagen haben.

Schon mal dran gedacht? PodCast am 16. Juni 2021


Von Veränderungen, Werten und Widerständen:

Stemmen wir jetzt auch die Klimakrise?

Corona hat vieles verändert. Die Veränderungen wurden uns durch die
Pandemie aufgezwungen. Gibt es auch freiwillige Veränderungen, freiwillige
Einschränkungen zu Gunsten unserer Umwelt und des Klimas?

Pfarrerin Katharina Stähler spricht mit
Sirin Bernshausen. Sie ist in Biedenkopf aufgewachsen und zur Schule gegangen. Sie
ist Mutter von vier Kindern. Heute arbeitet sie an der Uni Marburg im Zentrum
für Konfliktforschung.

Sirin Bernshausen erzählt, wie es zu
Beginn ihres Studiums um internationale, bewaffnete Konflikte gegangen sei, um
Abrüstung und wie die Regeln dafür geschaffen werden müssen. Sie habe sich sehr
schnell für Dialogthemen interessiert, für die Konflikttransformation. Dabei
gehe es nicht um kurzfristige Waffenstillstände, sondern um nachhaltigen
Frieden. Da sei die Zivilgesellschaft unglaublich wichtig, denn das Verhalten
der betroffenen Menschen müsse sich tiefgreifend verändern, damit dies Erfolg
habe. Dialog sei sehr wichtig – und: „Es macht total Spaß, Menschen dabei zu
helfen, miteinander zu sprechen!“

Auf die Frage, ob sie sich denken kann,
dass es durch die Corona Krise leichter fällt, sich die Welt neu vorzustellen,
antwortet sie: „Corona ist ein Crash-Kurs im systemischen Denken für viele von
uns gewesen. Bei Dingen wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Klimakrise geht es
ja um sehr komplexe Sachverhalte. Corona hat vielen zum Beispiel gezeigt, wie
komplex und global wir miteinander verbunden sind, zum Beispiel beim Einkaufen
im Supermarkt, was für Gemüse ist noch da und anderes nicht, weil die
Erntehelfer nicht ins Land reinkommen konnten. Allerdings, so meint sie, dürfe
man diese unmittelbare Erfahrung, die wir während der Pandemie gemacht haben,
nicht verlieren. Den Erfahrungen müsste nun ein Handeln folgen.

Aber – können wir die Disziplin, die wir
bei den Einschränkungen während der Pandemie bewiesen haben, auch auf unser
Verhalten was die Nachhaltigkeit betrifft übertragen? Sirin Bernshausen meint, viele
Menschen würden bei der Betrachtung der Klimakrise denken, dass sie ja nur ein ganz kleines Rädchen sind,
und es eigentlich egal ist, was sie machen. „Dass das nicht so ist, das ist
ganz wichtig, das in die Welt zu bringen“, sagt sie und erzählt von der
internationalen Transition-Bewegung.

„Bei Transition geht es darum, an den
lokalen Kontext angepasst, nachhaltige Strategien auszuprobieren. Transition
hat etwas Verbindendes, dieses Brücken bauen, zwischen ganz verschiedenen Menschen
aus verschiedenen Kontexten aber auch zwischen einer Stadtverwaltung und der
Zivilgesellschaft. Was ich persönlich an Transition so spannend finde, ist
dieses „Einfach-etwas-machen“!“ Es muss nicht alles durchgeplant sein, es darf
auch Chaos herrschen. Es ist ein Experiment mit offenem Ausgang – wir hoffen
und tun unser Bestes, damit es gut kommt, aber letztendlich haben wir es nicht
komplett in der Hand. Von Anfang an war bei Transition nicht nur der äußere
Wandel wichtig, sondern auch der innere Wandel. Kopf, Herz und Hand müssen
eingebunden sein, sonst ist der Wandel nicht nachhaltig.“

Die Achtsamkeitstrainerin Sirin
Bernshausen sagt, dass eine Form von Achtsamkeit verbunden mit Werten eine ganz
spannende Grundlage sei für Wandel. Damit eine gesellschaftliche Veränderung
möglich wird, müssten möglichst viele Menschen mitmachen. Die Gefahr da sei ja
oft, dass wir oberflächlich bleiben, um zu verhindern dass Menschen zwar
mitmachen aber nicht daran glauben. Der Kopf sagt, der Klimawandel ist
bedrohlich, aber das Herz will möglichst öfters im Jahr ans Meer fliegen. Man
müsse solche Widersprüchen Raum geben und den Konflikt zulassen und sich
miteinander auseinandersetzen, dann sei mit der äußeren Veränderung auch die
innere möglich. 

„Gerade beim Thema Nachhaltigkeit ist es
wichtig,
sich bewusst zu machen, dass wir dies auf Kosten anderer tun. Es geht darum, sich als ein Teil
von etwas zu sehen. Ich glaube, da hat Kirche ganz viel Wissen, ganz viel
Erfahrung und auch Potential. Neben dem Einbringen im Dialog finde ich es auch
wichtig, dass Kirche handelt, sich in Projekten und Initiativen einbringt und
dort auch mitgestaltet. Gerade auch mit den Werten, die die Kirche vertritt.“

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